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Apr. 24, 2019 Redaktion Terraristik, Tierbedarf, Tierschutz, Videos & Bilder, Vögel, Voraussetzungen, Wildtiere 0
Jeder achte Deutsche fühlt sich häufig oder ständig einsam. Knapp die Hälfte gibt an, dass sie andere brauchen, um sich gut zu fühlen. Nur wenige kennen ihre Nachbarn. Neue Studien aus den USA und Australien zeigen, dass Haustierbesitzer mehr Kontakt zu ihren Nachbarn haben.
Die Individualisierung in Europa hat zu einer Erosion des Gemeinschaftsdenkens und -fühlens geführt. Erhöhtes Empfinden von Kriminalität und Unsicherheit, sowie eine Überlastung des Staates mit zusätzlichen Aufgaben ist die Folge davon. Viele Nachbarschaftsstudien zeigen einen deutlichen Rückgang des Sozialkapitals, das als “Klebstoff” der Gesellschaft verstanden wird. Nach Putman ist Sozialkapital die: “Verbindungen zwischen Individuen, sozialen Netzwerken und den Normen der Gegenseitigkeit und Vertrauenswürdigkeit, die sich aus ihnen ergeben“. Konkret bedeutet das, Bürger engagieren sich in ihrer Kommune zusammen mit anderen Anwohnern für ein gemeinsames Ziel. Sie unterstützen die Gemeinschaft freiwillig mit ihrer Zeit und ihren Fähigkeiten oder finanziellen Mitteln.
Die Frage ist nun, wie wirkt sich der Besitz eines Haustieres auf das Sozialkapital in einer Gemeinschaft aus? Die Idee, dass Haustiere sich positiv auf das Sozialkapital auswirken können, folgt der Vorstellung von Haustieren als sozialer Eisbrecher zwischen Fremden oder als Katalysator für soziale Interaktion. Solche, durch die Haustiere begleitend angestoßene Interaktionen führen in der Folge zu einem größeren sozialen Vertrauen oder zu entstehenden Bindungen, welche Gemeinschaften als Zivilgesellschaft verbinden.
Eine Studie aus dem Jahr 2005, die im australischen Perth durchgeführt wurde, ergab, dass Haustierbesitzer auf der allgemeinen Sozialkapitalskala deutlich höher rangieren als Nichthaustierbesitzer. Das bestätigt auch eine aktuelle Studie (2017), die in vier Städten, drei in den Vereinigten Staaten (USA); San Diego, Portland und Nashville, und eine im australischen Perth durchgeführt wurde. Ein sekundäres Ziel der Studie war es, zu untersuchen, ob die Hundehaltung und insbesondere das Gehen mit Hunden ebenfalls einen positiven Einfluss auf das Sozialkapital hat. Die Analyse bestätigte die Ergebnisse der Studie von 2005: Haustierhalter haben einen signifikant höheren durchschnittlichen Sozialkapitalwert als Nicht-Tierhalter. Am deutlichsten wurde der Unterschied allerdings zwischen Hundebesitzern und Nichthaustierhaltern deutlich. Hundehalter hatten sowohl einen höheren Wert im Vergleich zu Nichthaustierhaltern als auch zu anderen Haustierhaltern.
Dies hängt offensichtlich mit dem Gassi-gehen zusammen: Hundebesitzer, die regelmäßig Gassi-gehen, haben im Vergleich zu Nicht-Hundeausführern ein höheres Sozialkapital.
Obwohl sich die Untersuchungen auf die USA und Australien bezieht, dürften die Ergebnisse auch auf andere Länder übertragbar sein, da Haustiere in vielen Ländern ein wichtiger Teil des Lebens vieler Menschen sind. Dies hat nicht nur sozialromantische Betrachtungen zur Folge, sondern eine Reihe wichtiger sozialer Indikatoren. Indikatoren, die sich auf psychische Gesundheit, Mortalität, Kindesentwicklung, Kriminalität und Sicherheit sowie wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit beziehen. Da Faktoren, die das Sozialkapital untergraben, in der Regel leicht zu identifizieren sind, gibt es einen neuen Anreiz durch einen hohen Anteil an Haustierbesitzern das soziale Gefüge der lokalen Gemeinschaften zu stärken.
Wie können wir also unser Sozialkapital in dieser schnelllebigen, modernen Welt verbessern? Es gibt zwar Einzelberichte und qualitative Forschungsberichte über Haustiere als „soziales Schmiermittel“, allerdings wurde dies nur selten empirisch untersucht. Die Rolle der Tiere bei der Erleichterung der sozialen Interaktion zwischen Menschen ist dabei in den Hintergrund gerückt. Aus den bisher durchgeführten Studien, welche sich allerdings meist auf Hunde beschränkten, kann man entnehmen, dass Hundebesitzer deutlich öfter in soziale Interaktionen verwickelt waren als gewöhnliche Spaziergänger. Doch aktuelle Studien zeigen, dass sich dieser Eisbrecher-Effekt nicht nur auf Hunde beschränkt, auch Kleintiere wie Hamster, Kaninchen oder Schildkröten können diese Rolle einnehmen. Ein von den Forschern McNicholas und Collins angeführter Grund ist, dass die Anwesenheit eines Tieres den Gesprächspartnern Sicherheit gibt und eine neutrale Gesprächsgrundlage schafft. Andere Beweise legen nahe, dass Haustiere mehr als nur zufällige Kontakte oder Gespräche mit Fremden auslösen können. Zum Beispiel in einer zuvor veröffentlichten Studie aus Perth in Westaustralien gaben 40,5% der Tierbesitzer an, durch ihr Haustier Kontakt zu Menschen aus ihrer Nachbarschaft bekommen zu haben. Unabhängig ob es bei einer flüchtigen Bekanntschaft bleibt oder sich eine Freundschaft daraus entwickelt, können solche Bekanntschaften ein wichtiges Gegenmittel zu Isolation und sozialer Unverbundenheit darstellen und sich sogar zur Unterstützung für die Haustierbesitzer entwickeln.
„Ich habe drei Nachbarn getroffen, als wir im nahegelegenen Park mit unseren Hunden spazieren gingen. Durch die Hunde haben wir einige nette Leute getroffen, neue Freunde “ (männlich, Portland).
„Ich bin der Meinung, dass Haustiere eine große Hilfe sind, um Kontakte zu knüpfen. Unsere Katzen gemeinsam zu haben, hat es uns leichter gemacht Freunde zu werden“ (weiblich, Nashville).
Will man also sein Sozialkapital nachhaltig aufbessern und Kontakte in seinem Umfeld knüpfen, dann sollte man auf jeden Fall über die Anschaffung eines Haustieres nachdenken. Nicht nur um in Ihm einen treuen Partner zu finden, sondern auch um durch ihn nette Menschen aus der Gegend kennen zulernen.
Quelle: Lisa Wood, u.a.: Social capital and pet ownership – A tale of four Cities, in SSM Population Health 3 (2017) p. 442 – 447
Iben Meyer and Björn Forkman: Dog and owner charakteristics affecting the dog -owner relationship, in journal of Veterinary Behavior 9 (2014) p. 143 – 159.
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